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Ein Wald für den Klimawandel, dank des Regenwurms

Projekte: Gemeinsame Projekte in der ökologischen und konventionellen Landwirtschaft, Streuobst und Artenschutz
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© Obst- & Natur-Lehrgarten
Diese Veranstaltung sei die dritte in einer Reihe, mit der Besucher auf die Wichtigkeit der Bodenbeschaffenheit aufmerksam gemacht werden sollen, sagte Strasser. Eine besondere Rolle, um dem Boden die nötige Widerstandsfähigkeit in Zeiten des Klimawandels zu geben, komme dem Regenwurm zu. Schon Charles Darwin habe den Regenwurm als eines der bedeutungsvollsten Tiere dieser Erde bezeichnet, zitierte Strasser bei seiner Begrüßung des Referenten und der Zuhörer und Diskutanten im fast voll besetzten Saal des Gasthauses.

Regenwürmer graben ein komplexes Tunnelsystem, das optimale Voraussetzungen für Durchwurzelung, Belüftung und Entwässerung des Bodens biete. Um im Wald einen guten Regenwurmbestand zu erreichen, bedürfe es aber der richtigen Mischung von Baumarten. Ein Wort der Warnung ließ Strasser hinsichtlich der Wirkung des Pflanzengiftes Glyphosat hören. Eine Studie der BOKU (Universität für Bodenkultur) Wien, habe gezeigt, die Reproduktionsrate der vertikal grabenden Würmer (Lumbricus terrestris) sei innerhalb weniger Wochen, nach Ausbringung des Herbizids, um 85% gesunken. Zugleich seien, durch die schlagartige Bewuchsabtötung der Nitratgehalt des Bodens um 1600% (!) und der Phosphatgehalt um 125% gestiegen, mit entsprechenden Folgen hinsichtlich der Auswaschung in Grundwasser und Flüsse.
Förster Pertl begann mit der Feststellung, der Klimawandel im Alpenraum schreite fast doppelt so schnell voran wie im übrigen Bundesgebiet. Ein Grund dafür sei unsere Binnenlage, fernab von Meeren. Dadurch werde der Überfluss an Grund- und Regenwasser in unserer Region keine Selbstverständlichkeit bleiben. Ein wichtiger Faktor, um dies zu verhindern, sei der Verdunstungskreislauf durch den Wald, mit seinem ausgleichenden Effekt. Bisher habe dieser Kreislauf recht gut funktioniert, obwohl wir nicht sehr pfleglich mit unseren Wäldern umgegangen seien, meinte Pertl. Es sei aber vorherzusehen, das werde nicht so bleiben.

Nur wenn der Boden intakt sei, könne der Wald diese Funktion als wichtiger Wasserspeicher in ausreichendem Maße wahrnehmen. Um auch bei Hitzewellen genügend Wasser zur Verfügung zu haben und das Wachstum des Waldes zu gewährleisten, bedürfe es einer bestimmten Bodenbeschaffenheit, denn nur bei Wachstum sonderten Bäume Terpene ab, die als Kristallisationspunkte für Regentropfen dienten. Ansonsten würde Wasser nutzlos verdunsten und nicht mehr zu Wolken- und Regenbildung in der Region führen. Deshalb müsse in Zukunft größtes Augenmerk auf den Wasserhaushalt im Waldbau gelegt werden.

Die Fähigkeit zur Wasserspeicherung hänge zum einen vom Standort und zum anderen vom Grad der Durchwurzelung mit Feinwurzeln und der Dichte an Regenwürmern im Boden ab, sagte Pertl. Feinwurzeln bereiteten den Boden für die Regenwürmer auf und diese machten mit ihrer Porenbildung daraus einen saugfähigen Schwamm und sorgten so für den so wichtigen Wasserrückhalt und die damit verbundene Nährstofferschließung.

In seinen weiteren Ausführungen ging Pertl auf die für eine solche Bodenbeschaffenheit geeigneten und vom Regenwurm bevorzugten Baumarten ein. Hervorragend würden dabei fein- und tiefwurzelnde Laubbäume, wie Ahorn, Esche, Ulme, Linde, Erle, Eberesche, Wildkirsche, oder Elsbeere abschneiden. Unter den Nadelbäumen eigne sich die flachwurzelnde Fichte, die schon jetzt mit der steigenden Trockenheit zu kämpfen habe am wenigsten. Etwas besser geeignet sei die Tanne. Eine Patentlösung könne es aber nicht geben, denn sehr viel hänge auch vom Standort ab.

In der dem Vortrag folgenden Diskussion wurden vor allem Fragen nach der Wirtschaftlichkeit eines für den Klimawandel tauglichen Waldes laut. Pertl meinte dazu, um unsere Wälder in stabile Dauerwälder, oder gar „Klimaschutzwälder“ umzubauen, gebe es keine Patentlösungen. Generell könne gelten, es bedürfe mindestens eines Anteils von 20% an Edellaubhölzern in Mischung mit Buche, Tanne und Fichte um eine geeignete Regenwurmdichte und einen guten, stabilen Bodenzustand zu erreichen.

Bei der Waldbegehung am nächsten Tag inspizierten die Teilnehmer drei Standorte. Der erste Ort der Inspektionen, mit einer Mischung aus Buche, Tanne und Fichte zeigte kein gutes Resultat. Die Oberschicht aus modrigem Laub schien keine gute Nahrungsgrundlage für Regenwürmer und auch die Durchwurzelung mit Feinwurzeln schien nicht ideal. Noch schlechter war das Ergebnis am zweiten Grabungsort, der überwiegend mit Fichten bewachsen war. Der torfähnliche saure Moder sei vom Optimalzustand weit entfernt und für zukünftige klimatische Herausforderungen ungeeignet, sagte Pertl. Als bester erwies sich der dritte Standort, mit einer Mischung aus Ahorn, Pappeln und Fichten. Der feinkrümelige, dunkle Humus lasse den Regenwurm gedeihen und sei gleichzeitig fähig, kurzfristig große Mengen an Starkregen aufzunehmen und zu speichern. Das ergebe zudem einen guten Rückhaltefaktor für Nährstoffe, meinte Pertl.

Ein großes Problem sah Pertl in der kurzfristig mangelnden Wirtschaftlichkeit eines dauerhaften und gesunden Klimaschutzwaldes. Langfristig überwiege aber zweifellos der Nutzen eines solchen Waldes für das Gemeinwohl. Insbesondere sei deshalb die Politik gefordert die Weichen zu stellen, um einen vielseitig und stabil aufgebauten Wald zu erreichen, der sowohl seine Aufgabe als Klimaschützer und auch als Nutzwald erfüllen könne.

Alois Albrecht, SOR vom 12.06.2018
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