Bürgermeister Martin Fenninger gab sich gespannt, ob das Motto des „Bio für jeden Geldbeutel, regional, saisonal und gesund“, tatsächlich umsetzbar ist, zumal der Umgang mit Lebensmitteln für alle von großer Bedeutung sei. „Vor allem wird auch sehr viel weggeworfen.“ Gerade in der Ökomodellregion Waginger See- Rupertiwinkel (ÖMR) gebe es eine besonders große Vielfalt an regional erzeugten Lebensmitteln, hob Fenninger die guten Voraussetzungen hervor und verwies auf die Vielfalt heimischer Bioprodukte und Bioverarbeiter. Neben Wochenmärkten sind Hofläden und Abo- oder Ökogenusskisten wichtige Einkaufsmöglichkeiten für regionale Bioprodukte. Ein vierköpfiges Kochteam präsentierete heimische Biogerichte zum Verkosten. Als Kostproben gab es auch Bio-Biere von der Schlossbrauerei Stein, Bio-Joghurt von der Molkerei Berchtesgadener Land oder Bio-Fruchtsäfte der Firma Stöger, allesamt wichtige Kooperationspartner für heimische Biobauern.
„Teures Modegemüse braucht man nicht“
Von den anwesenden Bio-Bauern durfte man Andreas Huber, Biogemüsebauer mit Betriebsstätte in Wonneberg/Aich, kennenlernen. Das Familienunternehmen, das Andreas und seine Frau Hedwig betreiben, baut seit 24 Jahren vor allem Gemüse, Getreide und Kartoffeln an und verkauft seine Erzeugnisse in erster Linie auf den Bauernmärkten in Waging und Traunstein oder in seinem Bio-Hofladen in Traunstein. „Wenn man knapp bei Kasse ist, sollte man sich nicht mit teuren Modegemüsen wie etwa Paprika versorgen,“ empfahl Andreas Huber stattdessen saisonal günstige Gemüse wie derzeit Radieschen.
Die Demeter-Gärtnerin Kristine Rühl ist Gründerin einer SoLaWi (Solidarische Landwirtschaft) in Otting. Die Idee einer Solidarischen Landwirtschaft sei einfach: Eine Gruppe von Verbrauchern schließe sich mit einem landwirtschaftlichen Betrieb zu einer Gemeinschaft zusammen. Die Landwirte versorgen die Mitglieder der Gemeinschaft mit Lebensmitteln. Umgekehrt stellen die Mitglieder den Landwirten Geld zur Verfügung, um ohne Verluste wirtschaften zu können. So komme man auf eine geteilte Ernte, auf geteilte Kosten und ein geteiltes Risiko. „Menschen, die mitmachen wollen, sind herzlich willkommen“, warb Kristine Rühl für ihre Kennenlerntage auf ihrem Feld bei Tettenberg/ Otting.
Thomas Reese hält mit seiner Partnerin Nici Braun auf dem Huberhof in der Zell (Wonneberg) Tiere so artgerecht wie möglich. Er züchtet Pinzgauer Rinder in Mutterkuhhaltung und Schwäbisch-hällische Landschweine. Beide Tierarten halten sich je nach Jahreszeit vorwiegend im Freien auf, bei Schweinen eine echte Besonderheit. Er schlachtet Tiere mit hohem Schlachtalter in der hofeigenen Metzgerei, in der er möglichst alle Teile vom Tier zu verarbeitet. Fleisch und Würste verkauft er in seinem Hofladen.
Alois Mühlbacher aus Plattenberg ist Biobauer und Koch und war Teil des Veranstaltungs-Kochteams. Er mästet ein paar Schweine und hält extensiv Mutterkühe. Auch er vermarktet selbst. „Gerade beim Bio-Tier können wir die vermeintlich unedleren Fleischteile mit Appetit essen,“ sagte Mühlbacher, der sich für die Ganztierverwertung aussprach. Oft unterscheide sich der Preis des Fleisches, das vom Bio-Direktvermarkter stammt, gar nicht vom Preis eines guten Metzgers mit konventioneller Ware.
Maria Frisch aus Töfenreut hält auf ihrem Biohof 18 Milchziegen. Deren Milch verarbeitet sie zu hofeigenen Käsespezialitäten. Der Verkauf in ihrer Selbstbedienungshütte und auf den werde gerne angenommen.
Marlene Berger-Stöckl betonte, dass der Ökolandbau der Gesellschaft wohl Millionen von Euro an Umweltkosten spare, wie eine aktuelle Studie der TU München errechnet habe. Sollten die Öko-Flächen wie geplant auf 30 Prozent ausgebaut werden, dann stiege die Ersparnis nochmals auf ein Vielfaches. Wichtig sei vor allem, dass man saisonale Bioprodukte einkaufe. Dazu gehören in einer Grünlandregion auch nachhaltige Produkte vom Grünland, also Biofleisch und Biomilch.
Heike Piper vom Verbraucherservice Bayern stellte in ihrem Vortrag „Bio für jeden Geldbeutel, regional, saisonal und gesund“, die Vorteile einer nachhaltigen Ernährungsweise mit regionalen und vor allem saisonalen Lebensmitteln in den Mittelpunkt. Sie erläuterte, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, um das EU-Biosiegel, das deutsche Biosiegel und die verschiedenen Siegel der Anbauverbände zu erhalten. Zum Begriff „regional“ ließ sie wissen, dass eine Region alles sein kann, was kleiner als Deutschland ist. Piper konkretisierte in ihrem Vortrag die positiven Effekte von bio, regional und saisonal auf Umwelt und Tiere, auf Wirtschaft und Gesellschaft sowie auf die Gesundheit.
Überlegte Vorratshaltung
Zu den Preisen sagte sie, dass der Anstieg für Bio-Lebensmittel von 2021 auf 2022 deutlich geringer ausgefallen sei als für konventionelle. So sei beispielsweise die Preissteigerung von Bio-Frischeprodukten deutlich geringer ausgefallen als bei konventionellen Frischeprodukten. Es gebe den aktuellen handelsüblichen Preis und den schwieriger zu ermittelnden "wahren Preis", in dem eben auch Umweltfolgekosten enthalten sind.
Bio-Lebensmittel könne man sich leisten, wenn man frisch koche, kaum Fertigprodukte verwende, das Verschwenden von Nahrungsmitteln etwa durch überlegte Vorratshaltung vermeide, viele Grundnahrungsmittel wie Kartoffeln, Getreide und Nudeln auf den Speiseplan setze und den Fleischgenuss moderat halte. „Es gibt viele gute Gründe für unpopuläre Fleischkomponenten: Allein um damit Lebensmittelabfälle zu reduzieren, lohnt es sich, mehr Teile vom Tier zu essen“, sagte Piper. Vorwiegend lande Obst und Gemüse gefolgt von Brot und Teigwaren vor allem aus Privathaushalten im Abfalleimer.
Ehe es an das Verkosten der zubereiteten Speisen ging, stellte sich das ehrenamtliche Koch- Team vor. Alois Mühlbacher bereitete ein deftiges Ragout vom Bio-Rinderherz zu und servierte Pizza mit eigenem Grünspargel. Kräuterpädagogin Martina Krichbaumer servierte Panna Cotta, Maiwipfelsirup (Fichtensirup), einen Wildkräuterdip und einen bunten Wildkräutersalat. Dass man aus Gemüsepflanzen viel mehr als das allseits bekannte verwenden kann, verdeutlichte Bärbel Forster, die ein feines Radieserl-Pesto aus den Blättern knackig frischer Radieschen vorbereitet hatte. Christine Hoffmann ist Köchin und auf vegetarisch-vegane Küche spezialisiert. Von ihr stammten die kleinen Getreidepflanzerl aus Urgetreide (Bayerischer Reis) und das mit Ziegenkäse gefüllte Kohlrabi-Carpaccio.
Artikel von Anneliese Caruso, Südostbayerische Rundschau vom 13. Juni 2023