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Apfelbäume wollen gepflegt sein

Waging hat die meisten „Baumpaten“ in der Ökomodellregion

Projekte: Öffentlichkeitsarbeit, Streuobst und Artenschutz
Die Baumpaten der Streuobstwiese im Waginger Ortsteil Ebing, auf der vor einiger Zeit 46 Bäume gepflanzt worden sind, ließen sich an diesem Tag vom Wettergeschehen (es regnete und der Wind wehte kräftig) nicht unterkriegen.
Die Baumpaten der Streuobstwiese im Waginger Ortsteil Ebing, auf der vor einiger Zeit 46 Bäume gepflanzt worden sind, ließen sich an diesem Tag vom Wettergeschehen (es regnete und der Wind wehte kräftig) nicht unterkriegen.
© Anneliese Caruso
Nachdem die Managerin der ÖMR, Marlene Berger-Stöckl, die zahlreichen Baumpaten auf der Streuobstwiese am Römergraben begrüßt hatte, stieg Markus Breier auf die Leiter und vermittelte in Theorie und Praxis, worauf es bei einem Obstbaumschnitt ankommt. Als Kronenform für die Streuobstwiese habe sich die so genannte Pyramidenkrone bewährt. Diese bestehe aus der Stammverlängerung und vier gut verteilten Leitästen, an denen Seitenäste und Fruchtholz angeordnet sind. Der Rückschnitt der Leitäste erfolge jeweils auf außenstehende Knospen („Augen“). „Gleichzeitig werden die auf der Oberseite der Triebe befindlichen Knospen grundsätzlich entfernt, um oberseitige, ins Kroneninnere zurückwachsende Austriebe von vornherein zu vermeiden und stattdessen mehr nach außen wachsende Triebe an den Leitästen zu provozieren", sagte Breier. „Zur Erzielung einer gleichmäßigen Kronenentwicklung werden die Leitäste untereinander alle etwa in gleicher Höhe eingekürzt („Saftwaage“), die Stammverlängerung knapp darüber“, ließ Breier wissen, nachdem er in diesem einstündigen Schnellkurs kurz erklärt hatte, wie wichtig ein Erziehungsschnitt ist und wie ein fachgerechter Obstbaumschnitt in der Praxis aussieht.

Dankbar nahmen die Baumpaten seine Ratschläge an, denn jeder von ihnen ist für die Pflege eines Apfelbaumes auf dieser Streuobstwiese zuständig. Die Apfelbäume sind erst vor eineinhalb Jahren gepflanzt und nun zum ersten Mal geschnitten worden. Kaum einer von den Paten hat Erfahrung mit der Pflege von hochstämmigen Apfelbäumen. Entsprechend interessiert und wissbegierig zeigten sich alle an diesem sonnigen Nachmittag auf der Wiese. Der Kurs war gratis, damit es den Bäumen nicht an der nötigen Pflege fehlt.

In der Ökomodellregion sind schon viele neue Streuobstwiesen angelegt worden. Marlene Berger-Stöckl wirbt deshalb bei Firmen und Privatleuten für Baumpatenschaften. Die Baumpaten dürfen von "ihren" Bäumen ernten und müssen im Gegenzug aber die Pflege garantieren. „Es ist ein bisschen schwierig, den Leuten eine Baumpatenschaft anzubieten, wenn sie nicht wissen, wie sie die Bäume schneiden und pflegen sollen. Deshalb machen wir heute nicht nur hier am Römergraben, sondern mit Markus Breier und mit dem Landschaftspflegeverband Traunstein, Carsten Voigt, für 5 weitere Streuobstanger mit Waginger Baumpaten einen Baumschnitt-Kurs“, sagte Berger Stöckl und freute sich, dass in der Marktgemeinde schon so viele Baumpaten aktiv sind; unter anderem am Römergraben, im Kurpark, am Sandberg, am Postkellerberg, in Otting und auf der großen Obstwiese in Ebing.

Ehe der Kurs dann bei den Streuobstbäumen im Kurpark weiterging, bedankte sie sich bei Markus Breier, bei den Baumpaten und bei den Mitarbeitern des Bauhofes. Denn die kümmern sich um das Mähen der Wiesen und schauen, dass diese im Sommer schön blühen. Bauhofgärtner Sebastian Geier und Bauhofmitarbeiter Simon Wegscheider haben zudem selbst gefertigte Insektenhotels aufgestellt. An geeigneten ruhigen Ecken sollen Totholz- und Steinhaufen als Unterschlupfmöglichkeit für das Mauswiesel folgen. Ansitzstangen für Greifvögel sind schon aufgestellt, beide Tierarten tragen zur Wühlmausbekämpfung bei. „Die Wiese mit den acht Apfelbäumen, bei denen es sich um robuste alte Sorten handelt, wird sich mit der Zeit zu einem echten Biotop entwickeln. Eine Vielzahl von Tieren, darunter Bienen und viele Vögel, finden hier wertvollen Lebensraum. Alle Baumpaten helfen uns, diesen Lebensraum zu pflegen und zu unterhalten“, bedankte sich der Kreisfachberater.

Auch auf der kommunalen Streuobstwiese im Kurpark wurden die Bäume in Zusammenarbeit zwischen Kreisfachberater und Baumpatin Brigitte Thaller bereits geschnitten. Unter der Obstwiese, die zudem das Nahrungsangebot für die Bienen im Bienenlehrhaus verbessert, haben die Bauhofarbeiter bereits im letzten Jahr Wiesenstreifen ausgemagert, mit Sand vermischt und heimisches Saatgut für eine größere Artenvielfalt eingebracht. „Es ist vorbildlich, wie der Bauhof Waging sich in Zusammenarbeit mit den Baumpaten um die Entwicklung der Obstanger als vielfältige Lebensräume kümmert“, betonte Berger-Stöckl.

Bei der Neuanlage von Streuobstwiesen ziehen der Kreisverband für Gartenbau und Landespflege, die Landschaftspflegeverbände Traunstein und Berchtesgadener Land, die Ökomodellregion Waginger See-Rupertiwinkel und Umweltverbände wie der Bund Naturschutz an einem Strang. Denn es gibt immer weniger von diesen ökologisch wertvollen, aber pflegeaufwendigen Flächen, und somit weniger heimisches Obst.

Das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat deshalb den neuen „Streuobstpakt“ ins Leben gerufen. „Wer für seine Streuobstwiese einen Baumpaten sucht, der soll sich gern bei uns im Rathaus melden, ebenso wie jemand, der sich für eine aktiv gelebte Baumpatenschaft interessiert“, so Berger-Stöckl, unter oekomodellregion@waging.de oder unter 08681/ 4005-37 (Mo bis Do).

Artikel von Anneliese Caruso, Südostbayerische Rundschau vom 25.03.2023
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