Manipulation des Erbgutes
Andrioli meinte dazu, auch ein Eingriff mit den neuen Techniken sei eine Manipulation des Erbgutes. Die Effekte und Gefahren seien viel zu wenig erforscht. Selbst wenn die Methode selbst sich als nicht gefährlich herausstellen sollte, was wegen der vielen Zusammenhänge zwischen den Genen und dem Erbgut als Ganzem nicht bewiesen sei, könne auch bei der Gentechnik II nicht auf einen massiven Gebrauch von „Agrargiften“, so nannte er „Pflanzenschutzmittel“, verzichtet werden.
Agrokonzernen gehe es vor allem um Profit. Diese zumeist riesigen Konzerne versuchten kontinuierlich die Politik in ihrem Sinne zu beeinflussen, ohne selbst die Auswirkungen ihrer Produkte genau zu kennen. Nachdem die neuen Methoden von den Herstellerfirmen patentiert werden könnten, käme auf die Bauern neben den Unwägbarkeiten der Auswirkungen der Technik obendrein eine Teuerung zu, sowohl für das Saatgut, als auch für die Unkrautvernichtungsmittel. Bauern würden abhängig von großen Agrokonzernen.
Keineswegs eingelöst würden die Verspechen nach gestiegertem Ertrag und einer vermeintlich besseren Eignung von gentechnisch veränderten Pflanzen gegenüber konventionellen beim Klimawandel. Im Gegenteil, es habe sich herausgestellt, dass auf lange Sicht konventionell gezüchtete Pflanzen die gentechnisch gezüchteten übertreffen. Zudem würden die für die Landwirtschaft so wichtigen Organismen, Insekten, Würmer und andere für einen guten fruchtbaren Boden notwendigen Wesen durch die Gentechnik und die dazu nötigen „Agrargifte“ geschädigt, oder sogar ausgerottet. Die Gentechnik in der Landwirtschaft bedinge Monokulturen und damit eine Verschlechterung der Wachstumsvoraussetzungen der wenigen durch die Gentechnik ermöglichten Pflanzensorten.
Vielfalt der Pflanzen geht verloren
Weil in den Laboren der Gentechnikkonzerne nur wenige Pflanzen, wie Mais und Soja, gentechnisch verändert werden, ginge damit eine Verringerung der Vielfalt auch bei diesen einher. Diese Pflanzen würden entwickelt, um mit möglichst wenig menschlichem Einsatz und wenigen Arten auf riesigen Monokulturen möglichst schnell hohe Gewinne zu erzielen, ohne sie wirklich an lokale Boden- und klimatische Bedingungen anzupassen.
In der folgenden Diskussion wurde bemängelt, dass auch in Deutschland die kleinbäuerliche Landwirtschaft unter Druck stehe und Bauernhöfe von Konzernen aufgekauft und in große Betriebe integriert würden. Um dem vorzubeugen, meinten mehrere Besucher, sollte die Politik dazu bewegt werden, insbesondere von Biobauern Erzeugnisse zu kaufen und sie in Küchen von Krankenhäusern, Schulen und Pflegeheimen zu verwenden.
Ein weiterer Diskussionsteilnehmer meinte, die Politik sei gefordert, Lebensmittel von der Möglichkeit der Patentierung auszunehmen. Bemängelt wurde auch mehrmals der scheinbar verloren gegangene Eifer im Widerstand gegen Lobbyismus. Andere Themen als der Klimawandel seien in den Vordergrund gerückt worden.
Es seien vor allem Organisationen wie das Agrarbündnis BGL/TS und die Bauern selbst, die sich gegen den Einfluss der Chemiekonzerne und deren Lobbys in die Politik stemmten. Wie die Entscheidung der EU-Kommission hinsichtlich der Lockerung über die Gentechnik II zeigte, gebe es keinen Verlass auf die Politik, und es komme darauf an, die bisher geltenden Gesetzte zu erhalten und die Bevölkerung auf die durch die Gentechnik in der Landwirtschaft und für die Verbraucher entstehenden Gefahren aufmerksam zu machen, um die Einführung der Lockerungen zu verhindern.
Andrioli nannte die Herausforderungen global. Er schlug die Entwicklung sozial geeigneter Technologien vor, das solidarische Aneignen von Wissen, die Bildung von Netzwerken und die natürliche Entwicklung von resilienten Pflanzen.
Artikel von Alois Albrecht, Südostbayerische Rundschau vom 19.02.2025