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Bio-Strampeln durch den Rupertiwinkel

50 km – Radtour der Ökomodellregion führt von Tittmoning nach Laufen – 60 Radler mit dabei

Projekte: Bio - direkt vom Bauernhof, Bio-Lebensmittel vom Acker, Tourismus, Öffentlichkeitsarbeit, Bio-Lebensmittel vom Grünland
Vorbei an Wiesen und Feldern und quer durch den Rupertiwinkel sind die Radler von Tittmoning nach Laufen gestrampelt.
Vorbei an Wiesen und Feldern und quer durch den Rupertiwinkel sind die Radler von Tittmoning nach Laufen gestrampelt.
© Dorothee Englschallinger
Marlene Berger-Stöckl von der Ökomodellregion Waginger See-Rupertiwinkel und zugleich Organisatorin der Radltour begrüßte die sportlich ausgerüsteten Teilnehmer auf dem historischen Stadtplatz in Tittmoning. Stellvertretend für das Gründungsmitglied der Ökomodellregion und den Schauplatz von rund 30 vielfältigen Biobetrieben schloss sich Bürgermeister Andreas Bratzdrum für die erste Etappe von Tittmoning nach Fridolfing an.

Reich an Vitamin E und ungesättigten Fettsäuren

Bei einem kurzen Stopp am Sonnenblumenfeld von Bio-Landwirt Johann Kraller in Wies erfuhren die Biogenuss-Fahrer im direkten Dialog mit dem Produzenten mehr über vielfältige Fruchtfolgesysteme und über sein selbst gepresstes Bio-Sonnenblumenöl, welches unter anderem in der Öko-Genusskiste Waginger See oder ab Hof erhältlich ist. Das nussig schmeckende Salatöl sowie das kaltgepresste Bratöl, das von einer zweiten, hoch erhitzbaren Sorte stammt, sind reich an Vitamin E und ungesättigten Fettsäuren. Der Landwirt presst nur selbst geerntete Sonnenblumenkerne und kauft nichts dazu – „was aus ist, ist aus; dafür ist es regional“, schmunzelte Kraller.

Vorbei an Wiesen und Feldern führte der Weg weiter nach Fridolfing, wo der stellvertretende Bürgermeister Egon Kraus und Organisatorin Annemarie Frumm von der örtlichen Agenda 21-Gruppe die Biogenuss-Radler auf dem zweimal jährlich stattfindenden Bauernmarkt begrüßten. Als Bio-Erzeuger aus Fridolfing waren dort der Bio-Gemüseanbauer Markus Hager und Monika Obermaier mit ihren Ziegenkäsespezialitäten vertreten. Um einen genauen Einblick zu erhalten, machten die Radfahrer einen Abstecher zu Attl´s Bio-Ziegenhof nach Mutterring, wo Alois Obermaier die Gruppe am Hof begrüßte und neugierige Geißen die Besucher am Zaun empfingen.

Hier erfuhren die Verbraucher, dass Ziegenmilch so bekömmlich ist, weil sie von den Inhaltsstoffen am nächsten an die Menschenmilch herankommt und „der Geschmack von Ziege“ umso weniger in den Produkten zu schmecken ist, je frischer die Milch ist. Das bei Niedertemperatur zu garende fettfreie Ziegenfleisch der jungen Böcke, die mit 9 Monaten geschlachtet werden, sei eine „gesunde Delikatesse“, warb Projektleiterin Marlene Berger-Stöckl bei den Teilnehmern für die Sinnhaftigkeit, alles von der Ziege zu verwerten, zur Milch auch das Fleisch. Weiterhin zeigte sie den Kreislauf auf, warum es Sinn macht, regionale Produkte zu kaufen. „In einem extensiv bewirtschafteten standortgemäßen Grünland ist so viel Artenvielfalt enthalten wie im tropischen Regenwald“, verglich Berger-Stöckl die beiden Ökosysteme. Nur mit Hilfe von Wiederkäuern wie Ziege, Schaf und Rind könne extensives Grünland als wertvollter mitteleuropäischer Lebensraum für die menschliche Ernährung und die Artenvielfalt erhalten werden. Würden Wiederkäuer nicht vom Acker, sondern durch eine extensive Weidehaltung ausschließlich vom Grünland gefüttert, wären sie auch „nicht mehr klimaschädlich, sondern klimanützlich“, bekräftigte die Projektleiterin der Ökomodellregion Waginger See - Rupertiwinkel die Bedeutung von extensiven und ökologischen Weidebetrieben.

Um den Kreis von der Erzeugung regionaler Produkte bis hin zum Verbraucher zu schließen, sei weiterhin eine möglichst stressfreie Schlachtung sowie Metzger, die ihr Handwerk verstehen und das ganze Tier gut verarbeiten können, gefragt. Deshalb machten sich die Biogenuss-Radler auf zur neuen Produktionsstätte der Metzgerei Braunsperger in Laufen-Niedervillern, wo Metzgermeister Hermann Braunsperger bereits die Biosteaks, Biowürstel und Ziegenkäsetaler für die Mittagspause der hungrigen Radlergruppe auf dem Grill bereithielt.

Seit diesem Jahr zerlegt und verarbeitet Hermann Braunsperger in seiner Produktionsstätte auch Biofleisch. Bekannt ist der kreative Metzgermeister insbesondere für seine modernen Zuschnitte, natürlich gewürzte Biowürste, die ohne Phosphate, künstliche Zusatzstoffe sowie salzarm hergestellt werden, um den Eigengeschmack zu betonen, sowie für angesagte Techniken wie das langsame Trocknen und Reifen großer Schinken in der hauseigenen Salzgrotte, wie er auf seinen Führungen durch die Metzgerei erklärte.

Auch Laufens Bürgermeister Hans Feil ließ es sich nicht nehmen, die Biogenuss-Fahrer in seiner Stadt willkommen zu heißen und zeitgleich auf den Erhalt des eigenen EU-zertifizierten Laufener Schlachthofes hinzuweisen. Stolz berichtete Feil weiterhin über die „Laufener Braukuchl“, in der nach einer langen Zeit ohne Brauereien in Laufen endlich wieder ein regionales Bier hergestellt wird. Obendrein ausschließlich Bio-Biere, die Inhaber Mauritz Volkmer für sein Lokal und verschiedene Veranstaltungen im 120-Liter-Kupferkessel ansetzt. Ein darauffolgender Rundgang durch die Braukuchl endete für die Teilnehmer mit einer Bio-Bierverkostung.

Frisch gestärkt ging es auf dem Radweg über Oberndorf entlang der Salzach, bis die Biogenießer an der letzten Station im ersten österreichischen Biobiergut „Gut Wildshut“ eintrafen. Während der Verkostung des Demeter-Pilses und des Demeter-Weißbiers erfuhr die Gruppe Wissenswertes über die hauseigene Brauerei und Mälzerei des Gutes sowie dessen eigene Landwirtschaft mit Bio-Weideschweinen und dem Anbau alter Getreidesorten wie dem „Laufener Landweizen“ oder der „Alpinen Pfauengerste“.

Zudem lernte die Radfahrgruppe den Obmann und Mitbegründer Franz Keil von der oberösterreichischen „Bio-Heu-Region“ kennen. Seit der Gründung vor 25 Jahren hat es der aus anfänglich dreizehn Biobetrieben bestehende kleine Verein aus eigener Kraft geschafft, eine „Bio-Heu-Region“ mit 240 Bio-Heubauern aus 27 Gemeinden und einer zu 40 Prozent biologischen Bewirtschaftung ihrer Heimatgegend aufzubauen. „Ein Vorbild für uns“, wie Projektleiterin Marlene Berger-Stöckl mit Blick auf die in der Ökomodellregion Waginger See – Rupertiwinkel existente Bio-Dichte von vierzehn Prozent feststellte. Beide Regionen arbeiten seit diesem Jahr im grenzübergreifenden EuRegio-Projekt „BiOS Erleben“ zur Stärkung des Nachhaltigkeitsgedankens zusammen.

Bürgermeister Matthias Baderhuber aus Waging und Bürgermeisterin Stefanie Lang aus Taching/ Tengling nutzten die Station im Gut Wildshut, um sich bei Tourenleiterin Bärbel Forster, bei den ehrenamtlichen Radlgruppenführern und den disziplinierten Teilnehmern für die Teilnahme an der Biogenussradltour zu bedanken. Beide Gemeindevorsteher nahmen mit ihren Familien an der Tour teil und waren davon überzeugt, dass die im Rahmen der bayerischen Bio-Erlebnistage stattfindende Aktivität das Vertrauen der Verbraucher in heimische Bioprodukte durch den wertvollen Informationsaustausch zwischen Produzenten und Konsumenten weiter gestärkt hat. Und natürlich schätzten sie es ebenso wie alle übrigen Radfahrer, den schönen Tag unter Gleichgesinnten in der Natur mit viel Bewegung, guten Gesprächen und genussvollen Verkostungen zu verbringen.

Artikel von Dorothee Englschallinger, Südostbayerischer Rundschau vom 06.10.2021

Auf der Webseite www.bioerlebnistage.de gibt es bayernweit
bis zum Sonntag, 10. Oktober, weitere Angebote zu finden.
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