Bis 2030 soll der Ökolandbau dreißig Prozent ausmachen, so lautet das von der Staatsregierung ausgegebene Ziel. Davon ist man bekanntlich noch um einiges entfernt: laut Statistik der AMI (2018) wirtschaften in Bayern etwa zehn Prozent aller landwirtschaftlichen Betriebe nach ökologischen Richtlinien. Die seit 2014 gegründeten 27 bayerischen Ökomodellregionen leisten ihren Beitrag, dieses Ziel zu erreichen, indem sie Initiativen zur Verbesserung der Wertschöpfung für die Landwirte, insbesondere im Bereich der Direktvermarktung auf den Wege gebracht haben und bemüht sind, Bevölkerung und Landwirte für nachhaltiges, ökologisches Wirtschaften zu sensibilisieren und zu informieren. In der Ökomodellregion Waginger See - Rupertiwinkel beispielsweise ist laut Projektleiterin Marlene Berger-Stöckl der Anteil der Öko-Betriebe innerhalb von sechs Jahren von sieben auf zwölf Prozent gestiegen.
De Landwirte haben die Möglichkeit, ihr Biorindfleisch selbst zu vermarkten oder auf Kooperationspartner zurückzugreifen. Entscheidend ist, dass der Verarbeitungspartner faire, das heißt deutlich höhere Abnahmepreise als üblich, bezahlt – denn langsam und natürlich gemästete Biotiere brauchen ein Mehrfaches der auf größtmögliche Effizienz und niedrigste Kosten optimierten Mastdauer und somit mehr Stallfläche, mehr Weidefläche, mehr Futter und viel mehr Zeit zum Wachsen – dafür aber kaum Medikamente. Einer der Partner, der ausschließlich Biobauern eine Absatzmöglichkeit bietet, ist „Chiemgauer Naturfleisch“. Das 1991 in Trostberg gegründete Unternehmen war von Anfang an bestrebt, den Ökolandbau in der Region 18 zu stärken. Im Gespräch sagt Geschäftsführer Tom Reiter, man würde grundsätzlich neue Landwirte aufnehmen, Interessenten könnten sich jederzeit melden.
Bei der Selbstvermarktung sind oftmals innovative Ideen der Weg zum Erfolg. Metzgermeister Gottfried Heilmaier aus Waging beispielsweise hat sich spezialisiert: er verkauft das Fleisch ausschließlich von Pinzgauer Rindern, einer alten, robusten Rasse. Der Verkauf erfolgt in keinem Ladengeschäft mehr, sondern er beliefert damit Metzgereien. Außerdem hat er mit seinem biozertifizierten Unternehmen das „Rupertirind im Glas“, diverse Fertiggerichte von Bouillon bis Roulade, kreiert.
Bio-Landwirt Hans Lecker aus Niederheining bei Laufen setzt auf online bestellte Öko-Kisten, die er ausschließlich mit Bio-Lebensmitteln bestückt. Zu der breiten Palette gehört auch Rindfleisch, das er vom Demeter-Hof seines Vaters bezieht. Seit er mit dem im Februar 20 neu gegründeten Verein „Ökogenuss Waginger See-Rupertiwinkel“ zusammenarbeitet, hat sich die Palette an regionalem Bio in der Kiste stark erweitert. Ziel ist es, so Lecker, künftig noch stärker „Vermarktungshelfer für regionale Biobauern“ zu werden.
Auch einige Direktvermarkter sind einfallsreich und bedienen dabei ganz unterschiedliche Schienen. Da wäre etwa Hans Koch vom Söllnhuberhof in Holzhausen bei Teisendorf, der sich auf Bio-Kalbfleisch spezialisiert hat, das er an die gehobene Gastronomie der Umgebung liefert. Seiner Meinung nach wachse die Nachfrage nach Biofleisch im Gastronomiebereich auch dank eines in der Ökomodellregion neu gegründeten Bio-Wirtenetzwerkes.
Die Familie Rehrl aus Kemating in der Gemeinde Saaldorf-Surheim punktet bei ihrer Stammkundschaft mit einem eigenen Schlachthaus mit Kühl- und Zerlegraum, in dem ein Metzger das Jungrindfleisch küchenfertig herrichtet.
Das sind nur einige an kreativen Best practise-Beispielen, mit denen Produktion und Absatz von Biofleisch in der Region erfolgreich angekurbelt wurden.
Artikel von Karin Kleinert aus dem Bayerischen Landwirtschaftlichen Wochenblatt vom 23.10.2020